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Dokumentation

Verfasser: Herr Waschitschek
Datum der Niederschrift: ?
Jahrgang: ?
Jug.: 3
Fortsetzung des Berichts: XW01.c.de
Quelle: FG02
Region: Sudetenland, Schönhengstgau, Landskron
Seite: 26-28
Berichtszeitraum: 17.05.1945 - 21.05.1945

Am 9. Mai 1945 wurde unser Raum von russischen Truppen besetzt. Was sich in dieser Zeit Tag und Nacht an Grausamkeiten abspielte, ist unvorstellbar. Wird diese Zeit in furchtbarer Erinnerung bleiben, so brachten die folgenden Wochen und Monate noch weit Schlimmeres. Da die Auflösung eines großen Teiles der Wehrmacht in unserem Raume erfolgte, wurden die abgelegten Waffen von Jungwüchsigen aufgegriffen und von diesen ganze Ortschaften angegriffen und terrorisiert. Das Plündern von Gehöften und die ständigen Drangsalierungen deutscher Menschen wurde den Tschechen geradezu zu einer nationalen Pflicht gemacht. Wer unbeteiligt zusah, der lief Gefahr, als deutschfreundlich gekennzeichnet zu werden und mußte mit öffentlicher Anprangerung rechnen, was zur Folge hatte, daß er bald darauf ins Gefängnis kam. Die Ausschreitungen gegen die Deutschen steigerten sich von Tag zu Tag und erreichten im Kreis Landskron ihren Höhepunkt vom 17.-21. Mai 1945.

Es muß besonders unterstrichen werden, daß die an deutschen Menschen verübten Grausamkeiten zu einer Zeit geschahen, in der Dr. Eduard Benesch bereits in Prag weilte und mit seiner Regierung die Staatsführung übernommen hatte. Der gesamte Sicherheitsapparat des ehemaligen Protektorates stand zur Verfügung. Nicht das geringste Anzeichen läßt die Entschuldigung zu, es handelte sich um Ereignisse einer Revolution. Alles war wohlüberlegt und bestens organisiert. Keines der Opfer wurde lediglich erhängt oder erschossen. Durch Kolben-, Stock- und Peitschenhiebe über Kopf, Gesicht und Rücken, am Boden liegend, buchstäblich zertreten, wurden Besinnungslose in den vor der Südseite des Rathauses stehenden Luftschutzwasserbehälter geworfen. Sobald die Unglücklichen wieder hochkamen, wurden sie mit Gewehrkolben und Stangen unter Wasser gedrückt, danach herausgezogen und oft erst Stunden später durch Gnadenschüsse oder Erhängen von ihren erduldeten Leiden erlöst. Sogar die Motorspritze der freiwilligen Feuerwehr wurde herbeigeholt, die Halbzerschlagenen durch den kalten Wasserstrahl wieder belebt, um noch mehrere Male geprügelt zu werden, bevor sie an der Rathausmauer, in den meisten Fällen zum Stehen nicht mehr fähig, von einigen Kugeln erlöst wurden. Selbst zuschauende Russen sagten, daß sie ein derartiges Wüten noch nicht erlebt haben, und viele Fälle sind bekannt, wo rettungslos Zerschlagene von russ. Soldaten den Gnadenschuß bekamen. An diesen Tagen wurden alle deutschen Männer, sowie die männliche Jugend, aber auch viele Frauen der Stadt auf den Marktplatz getrieben. Allein am 17. Mai wurden mindestens 100 Personen der Landskroner Bevölkerung vor das Volksgericht zu diesem Bluttribunal geprügelt.
Wie Viehherden trieb man sie auf Plätzen, in Straßen und in geschlossenen Räumen zusammen und tobte sich hier in einer Art aus, daß man der Ansicht sein mußte, man habe es mit Wahnsinnigen zu tun. Das Blut konnte einem in den Adern erstarren, wenn man diese bestialischen Auswüchse mit ansehen mußte. Niemand konnte ergründen, wofür die Tschechen Vergeltung übten.

Die Stadt war abgesperrt, in aller Stille hatten Partisanen und tschechische Halbwüchsige die Stadt umstellt. Alle Häuser wurden durchkämmt und die Männer ohne Unterschied auf den Ringplatz getrieben. Mit hocherhobenen Händen mußten diese Unglücklichen stundenlang auf dem Marktplatz stehen und den Bestialitäten der Tschechen zusehen. Hitlerbilder wurden bespuckt und beschmutzt und mußten von deutschen Menschen abgeleckt werden. Hinlegen und Aufstehen wurde unter wüsten Schießereien ständig befohlen. Die ganze Stadt war von dem furchtbaren Schreien dieser gequälten Menschen erfüllt. Deutscher um Deutscher wurde hier vorgeführt und wehe, wenn vielleicht einmal ein deutscher Handwerksmeister einen tschech. Lehrling einen Lausbuben genannt hatte, oder wenn einem Tschechen einmal ein Gruß nicht recht erwidert wurde, so wurde der Deutsche verurteilt, angespuckt und oft bis zur Unkenntlichkeit verprügelt. Vor dem Landratsgebäude war ein Richtertisch aufgestellt. Jeder, der auf dem Marktplatz war, mußte sich hier das Strafmaß bestimmen lassen, das jedem mit Kreide auf dem Rücken vermerkt wurde. 25 Stockhiebe waren wohl die geringste Strafe, die verhängt wurde. Bis zu 150 Stockhiebe wurden angeordnet und ausgeteilt. Bei der Gastwirtschaft Schwab, ungefähr 50 m vom Richtertisch entfernt, waren über Bierfässer Bretter gelegt worden, dahin mußten alle auf den Knien rutschen, um das am Richtertisch empfangene Strafausmaß in Empfang zu nehmen. Die Reihen der stundenlang auf ihre Aburteilung wartenden Menschen blieben von Fußtritten und Knüppelhieben nicht verschont. Die alteingesessenen Tschechen haben sich, von geringen Ausnahmen abgesehen, an diesen Ausschreitungen nicht beteiligt. Die Maschinengewehre ratterten und die Toten häuften sich - erschossen, erhängt, erschlagen, zu Brei getreten. Diese Untaten klagen das ganze tschech. Volk an! Und wer waren diese Unglücklichen? Höchstens alte Männer, Jugendliche, Krüppel, Körperbehinderte, kranke und sieche Menschen; denn die gesunden und kräftigen Männer waren bereits ausnahmslos von den Russen zu auswärtigen Arbeitsleistungen herangezogen worden. Die Männer Mach, Müller und Knapp waren an Händen und Füßen gefesselt in das Landskroner Gefängnis eingeliefert worden. 10 Tage lang lagen diese im Vorraum des Gefängnisses auf dem Steinboden, den Rohheiten der Tschechen ausgesetzt und wurden erst von russischen Soldaten von ihren Fesseln befreit. Das Gefängnis war den Tschechen jederzeit zugänglich und jeder, der nun glaubte, eine persönliche Rechnung begleichen zu müssen, kam in die Zellen und suchte sich ein Opfer. Im Realgymnasium in Landskron waren vor dem Abtransport nach Sibirien über 1200 Männer des Kreises Landskron in Haft. Hier und im Gefängnis gab es keine ruhige Nacht, denn ständig wurden Häftlinge zu den Verhören der sogenannten Militärpolizei geführt und kamen dann arg zugerichtet wieder. Was in diesen Tagen und Monaten die Bevölkerung des Kreises Landskron an seelischen und körperlichen Qualen auszustehen hatte, läßt sich mit Worten nicht schildern und kann von Menschen, die es nicht miterlebten, nicht annähernd begriffen werden.

Als Beweis, daß diese Geschehnisse in den Maitagen 1945 und später von höchsten tschech. Stellen gutgeheißen worden waren, mag die Tatsache gelten, daß die Vorsitzenden dieses Bluttibunals hohe Staatsstellen innehatten. Herr Hrábacek war lange Monate als Vorsitzender des okrední národní výbor tätig (nationaler Bezirksausschuß - Landrat), Herr Hejl war Vorsitzender des mistní národní výbor (nationaler Ortsausschuß), Pfitzner bekleidete ebenfalls ein hohes Amt und Gendarmerieoffizier Polak war Leiter der národní stráz, Gendarmerie. Diese Herren waren noch bis zum 8. Juni 1946, dem Tage unseres Abtransportes, in ihren Ämtern. Herr Hrábacek wurde außerdem als Führer einer tschech. Abordnung aus Landskron vom Präsidenten der CSR empfangen, die die im Landskroner Kreis beschlagnahmten Gold- und Silbergegenstände, vor allem Schmuck, im Werte von mehreren Millionen Kronen übergaben, was dem tschech. Staatsschatz zugeführt wurde. Der Abordnung wurde die besondere Anerkennung der Republik durch den Sprecher des Staatspräsidenten ausgesprochen und der Stadt ein Anerkennungsdekret verliehen. Nach einer Zeitungsmeldung zeigte sich der Staatspräsident über die Landskroner Ereignisse bestens informiert und Bilder von der Übergabe des geraubten Schmuckes waren lange Zeit in Landskron öffentlich ausgestellt.

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